Ralf Rangnick ballt die Faust
Fans der Nationalmannschaft freuen sich: Ralf Rangnick bleibt ÖFB-Trainer.
IMAGO/Martin Rickett

Ralf Rangnick bleibt dem ÖFB treu. Am Donnerstag verkündete der 65 Jahre alte österreichische Nationaltrainer, seinen Job behalten und nicht zum FC Bayern München wechseln zu wollen. Dafür erhält er viel Lob, den Bayern wird ein anwachsendes Problem bei der Trainersuche unterstellt.

Lothar Matthäus kann die Absage von Rangnick an den deutschen Rekordmeister nachvollziehen. "Er hat einen Superjob als österreichischer Nationaltrainer, hat dort Erfolg und bekennt sich zu der Verantwortung für seine Mannschaft", sagte Matthäus der Bild. Die Entscheidung sei "ein Zeichen von menschlicher Größe".

Weiter lobte der Rekordnationalspieler: "Für Geld muss er so einen Job nicht mehr machen. Für ihn scheinen andere Dinge wichtiger zu sein wie etwa Zufriedenheit, Gestaltungsmöglichkeiten und Loyalität."

Es sei vielleicht die Absage, "die Bayern am meisten wehtut", meinte Matthäus. "Rangnick hätte noch mal einen großen Klub trainieren können und macht es nicht – obwohl eine solche Gelegenheit für ihn in seinem Alter vielleicht nie wieder kommt, anders als für Alonso oder Nagelsmann."

Vor Rangnick hatten bereits Xabi Alonso und Julian Nagelsmann erklärt, ihre Jobs als Trainer von Bayer Leverkusen beziehungsweise der deutschen Nationalmannschaft behalten zu wollen. Für Matthäus ein Zeichen, dass die Bayern nicht mehr jeden Trainer bekommen, "den sie haben wollen".

Ralf Rangnick bleibt ÖFB-Nationalteam als Teamchef treu
Video: Ralf Rangnick bleibt ÖFB als Teamchef treu
APA

Ist Hoeneß schuld?

Der ehemalige ÖFB-Teamstürmer Marc Janko schreibt auf X von einem "tollen Zeichen". "Geld und Renommee sind nicht mit mehr Lebensqualität aufzuwiegen! (...) wirklich großartig für den österreichischen Fußball."

Ähnlich äußerte sich der ehemalige Bayern-Akteur Stefan Effenberg in seiner Kolumne für das Nachrichtenportal t-online. "Die Trainersuche ist für Bayern die diesbezüglich wohl schwierigste Situation in ihrer Klubgeschichte. Vielleicht war es früher so, dass wenn die Bayern einen Trainer haben wollten, sie ihn immer auch bekommen haben." Das aber habe sich geändert.

Er wäre enttäuscht gewesen, hätte Rangnick seinen "erfolgreichen Weg" in Österreich abgebrochen. Als einen möglichen Grund für die Absage von Rangnick vermutet Effenberg die jüngste Kritik von Uli Hoeneß gegenüber Thomas Tuchel. "Vielleicht hat das auch Rangnick ein wenig abgeschreckt."

Viele Köche bei Bayern

Gar nicht enttäuscht von der Absage Rangnicks ist der frühere Bayern-Trainer Felix Magath. "Die Entscheidung ist für alle Beteiligten gut", sagte er dem Pay-TV-Sender Sky. Auf die Frage, ob Rangnick der richtige Trainer gewesen wäre, antwortete Magath nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur: "Nein, glaube ich nicht." Rangnick gehöre nämlich zu den Trainern, "die den Spielern vorschreiben wollen, wie sie zu laufen, wie sie zu spielen haben. Von daher glaube ich, dass es für den FC Bayern München schwierig geworden wäre." Die Frage, ob Magath selbst sich eine Rückkehr als Trainer zum FC Bayern vorstellen könnte, beantwortete er mit einem Verweis auf Vereinsboss Uli Hoeneß: "Da müsste ich erst mal mit Uli reden."

Thomas Hitzlsperger, ehemaliger DFB-Teamspieler, wundert sich über die Vorgangsweise des FC Bayern bei der Trainersuche. "Verstehe nicht, warum bei den Bayern sich so viele berufen fühlen, über den Trainer Auskunft zu geben und sogar Gespräche mit pot[enziellen] Kandidaten führen", schreibt er auf X. "Hainer ist Präsident. UH (Uli Hoeneß, Anm.) Ehrenpräsident. Eberl ist Sportvorstand und somit verantwortlich – sonst niemand."

Ex-DFB-Teamspieler Dietmar Hamann hat derweil einen Favoriten auf den Trainerposten beim deutschen Rekordmeister. "Wenn die Bayern ihr Gesicht wahren und einigermaßen aus der Sache herauskommen wollen, müssen sie jetzt Zinedine Zidane holen", schrieb der TV-Experte in seiner Sky-Kolumne.

Laut Hamann sollte die Verständigung "nicht das Problem sein". Einen Hinderungsgrund sieht der 50-Jährige eher bei einem anderen Thema: "Die Frage ist, ob er es machen will, denn ein Kandidat dieses Formats könnte jetzt sagen: 'Wenn ihr mich so gerne haben wollt, warum habt ihr mich dann nicht schon vor ein paar Wochen gefragt?'"

Dass Rangnick sich gegen Bayern entschieden habe, überrasche ihn nicht, schrieb Hamann: "Ich verstehe ihn, denn er hätte in Österreich viel aufgegeben. Er hat sich dort eine tolle Position erarbeitet, sie spielen bei der EM in einer interessanten Gruppe und haben eine sehr gute Mannschaft, die bei einem Turnier weit kommen kann."

Fatale Entscheidung abgewendet

Rapid-Trainer Robert Klauß, der mit Rangnick einst bei RB Leipzig zusammenarbeitete, sagte bei seiner Pressekonferenz am Freitag: "Ich habe mir gewünscht, dass er bleibt, weil ich glaube, dass er hier am richtigen Platz ist und sich wohlfühlt." Natürlich hätte der Bayern-Job einen großen Reiz gehabt, "aber ich bin sehr froh, dass er sich so entschieden hat, und ich glaube, auch alle Leute im Land sind froh".

Ähnlich äußerte sich WSG-Coach Thomas Silberberger. "Ich finde es super, dass er sich für den ÖFB entschieden hat. Das zeigt extreme Charakterstärke. Daher finde ich es cool, dass der Ralf den Weg in den nächsten Jahren mit dem ÖFB-Nationalteam geht. Wahrscheinlich auch, weil er extrem viel Potenzial im Nationalteam sieht, ähnlich wie ich."

Hätte Rangnick einen Wechsel nach München bevorzugt, wäre dies für die EM-Ambitionen des Nationalteams fatal gewesen, mutmaßte Silberberger. "Ich glaube dann hätten wir die gleiche Konstellation gehabt wie 2018 in Spanien, wo der Trainer kurz vor der WM gesagt hat, er wechselt zu Real Madrid. Dann hat man eh gesehen, was die spanische Nationalmannschaft in Russland am Platz gezaubert hat."

Bei einem frühen EM-Scheitern "wäre sicher die Diskussion gewesen, dass der Teamchef gedanklich schon bei Bayern München ist. Gott sei Dank bleibt uns dieses Damoklesschwert erspart und wir können uns alle miteinander auf eine coole EURO freuen", erklärte Silberberger.

Für Peter Pacult, Trainer bei Austria Klagenfurt, kam Rangnicks Verbleib in Österreich nicht sonderlich überraschend. "Er hat einen laufenden Vertrag gehabt, für mich war klar, dass er Teamchef bleibt. Wer Ralf kennt, der weiß, dass er nicht einfach das Segel streicht und zu seinem Wort steht. Er hat eine Riesenarbeit gemacht", betonte der Wiener.

Ex-Sky-Moderator und derzeitiger Pressesprecher Rangnicks Thomas Trukesitz schreibt auf X: "Ein guter Tag für den österreichischen Fußball."

Marco Rose, ehemaliger Salzburg- und derzeitiger Leipzig-Trainer, sagte zur Causa: "Manchmal ergeben sich Situationen im Fußball, die sich verzwickt darstellen. Der Markt ist, auch wenn wir über den FC Bayern reden, nicht so einfach. Ich bin mir aber trotzdem sicher, dass sie eine gute Lösung finden und nächste Saison wieder sehr wettbewerbsfähig sein werden."

Ex-Teamspieler Markus Babbel bezeichnet Rangnicks Entscheidung bei Sky als richtig: "Ich hätte mich eher gewundert, wenn er es gemacht hätte. Er passt ja eigentlich nicht zum FC Bayern." (luza, sid, 3.5.2024)